
Wer sich in Innenstädten und auf dem Land umsieht, stellt fest, dass immer mehr „Automatengeschäfte“ 24/7 Waren anbieten. Kein Wunder, mit einem Gesamtumsatz von 4,62 Milliarden Euro im Jahr 2024 konnte die Branche um satte 18,7 % zulegen. Geschätzt 621.000 Getränke- und Verpflegungsautomaten stehen in Deutschland bereit und es werden Weitere eröffnen.
Wie sieht die Lage in Ingolstadt und der Region aus? Vorab zur Definition: Ein Automatengeschäft versteht die Präsentation sämtlicher Waren in Automaten mit totaler Selbstbedienung. Der Kunde wählt aus und entnimmt, nach Eingabe von Zahlungsmitteln, die gewünschte Ware. Automatengeschäfte existieren an Einkaufsschwerpunkten mit einem begrenzten Angebot von Waren des kurzlebigen Bedarfs, wie Lebensmittel, Getränke, Zigaretten, Süßigkeiten, Filme, Schallplatten, Bücher. Zigarettenautomatenaufsteller wie Ostermeier und Aisch sowie „Eis von Funk“ mit mindestens 14 Automaten plus etliche Direktverkaufsstellen, haben wir hier nicht berücksichtigt. Dazu folgt ein weiterer Artikel.
„Pfeifdireine“ erobert Ingolstadt mit Tiernahrung, Drogerieartikel und Dildos
Am 21.12.24 präsentierte der 23jährige Berkan Yilmaz seinen Store in einem Instagram-Reel: „Das ist euer krassester Kiosk den ihr je gesehen habt. Willkommen bei Pfeifdireine 2.0. Das sag ich mit 100% Ansage“. Und tatsächlich, das Geschäft „Am Stein“ dominiert durch seine Größe, seine Auswahl, Hip-Hop-Sound im Hintergrund und 2Pac mit Krone an der Wand. Zum Zeitvertreib stehen ein Boxautomat bereit sowie ein Greifautomat für Teddybären. An den Wochenenden artet dabei das ein oder andere Shoppingerlebnis auch gerne mal in einer Party aus.

Was besonders auffällt: Die Automaten sind nach Artikel sortiert: Einer bietet alles für den Tierfreund. Ob für Nager, Vögel, Hunde oder Katzen, 48 verschiedene Artikel hätten Platz. Bei unserem Besuch sind 20 verschiedene Produkte vorrätig. Katzenfutter „Feines mit Filet“ von animonda oder Hundefutter „Cesar“ Truthahn und Kalb. Preislich für 2 Euro, bei Hornbach für 0,99 Euro erhältlich. Die CatSticks von Vitakraft kosten hier genauso wie im eigenen Shop von Vitakraft: nur 1 Euro. Preislich also voll ok.

In der „Drogerieabteilung“ finden wir Kondome, Zahncreme, Zahnseide, Lippenpflegestifte diverser Marken, aber auch Pflaster, Deos, Toilettensitzabdeckungen und Taschentücher. Eine Packung Tempos für 1,50 Euro. Bei Ebay finden wir eine Großpackung der namensgebenden Marke mit 168 Päckchen für 40,- Euro, inkl. Versand. Somit liegt der Einkaufspreis hier bei 24 Cent, was eine gute Marge für die Betreiber ist, sofern sie die Artikel nicht noch günstiger beziehen. Für den Vibrator „Red Velvet“ verlangt Pfeifdireine 22,- Euro, der günstigste Shop bietet diesen Online für 13,- Euro an, mit Versand für 18,- Euro. Das Gleitgel von Durex liegt hier bei 8,- Euro, im Müller kostet dieses zwischen 6,45 und 7,25 Euro.

Hip für die Zielgruppe: Snacks im Gangsta-Style
„Rap-Snack Migos“ sind normale Kartoffelchips mit Sauercreme-Geschmack für 3,50 Euro, „Pipapo“ mit einem Rapper als Aufmacher sind geröstete Sonnenblumenkerne für ebenfalls 3,50 Euro und Nicki Minaj bewirbt ihr „Bar-B-Quin´ With My Honey Truffle“, kurz: Kartoffelchips, für ebenfalls 3,50 Euro, während 2Pac und die beiden Inhaber, YIldiz und Berkan Yilmaz, immer noch die Einkäufe von der Wand bzw. durch die Cam beobachten. Ein weiterer Ziehautomat bietet CBD-Blüten für 15,- Euro, „Stoner Mystery Pakete“ für 7 bis 23 Euro sowie „Mystery Vape Pakete“ und „High Me to The Moon“-Boxen an. Was hier der Kunde genau für sein Geld erhält, ist reine Glückssache. Bei Alkohol finden wir nur Mischgetränke, das „Härteste“ sind Prosecco, Helles (3,- Euro), Desperados, Corona und Salitos (2,50 Euro).

Wantz & Needs – 2x in Ingolstadt
Gegenüber von „Pfeifdireine“ in der Stadtmitte finden wir „Wantz & Needs“. Von Wasser über Spezi bis hin zu Red Bull (2,50 Euro), Corona, Desperados und Augustiner. Neben diversen Energy Marken mit zahlreichen Sorten, shoppt der Kunde Süßkram wie Knoppers, Hanuta, Corny, Giotto, Schoko Bonbons, und asiatische Snacks.

„Wantz & Needs“ Ist auch vor dem Oldtimer-Hotel zu finden. In einer Art Container finden wir die üblichen Verdächtigen wie „Milka Tender“, „Saure Drachenzungen“ und Kinder Schoko Bons. Hier kosten 125g 4,50 Euro. Auf Ebay finden wir dieselbe Marke im Großpack für 2,50 Euro. Wer auf Popcorn mit Sour Cream & Chive, also Sauerrahm & Schnittlauch steht, kriegt hier 30 Gramm für 3,- Euro, online gibt es diese Sorte für 1,89 Euro. Für Eis-Fans steht im Container auch eine Ausgabestelle für Portionsbecher zu 3,50 Euro bzw. Genießerbecher zu 7,- Euro von „Eis vom Funck“ bereit. Preise finden wir hier nicht direkt an der Ware sondern bei Eingabe der entsprechenden Artikelnummer. Ungünstig: Einer der Automaten ist defekt.

Ortofrutta In der Schmalzingergasse mit frischen Eiern und Nudeln
Neben Süßkram, E-Zigaretten und diversen Drinks spürt der Gast einen leichten türkischen Einschlag: Mini-Lahmacun in dem einen Automaten, Sucuk vom Rind der Marke „Suntat“, sowie Suppen mit türkischer Aufschrift im anderen Automaten. Die Drogerieartikel beschränken sich auf Zahnstocher mit Geschmack, Zahncreme und eine „Hair Mask & Cap“ der Richtung „Strawberry“. Überraschender Weise stoßen wir hier auch auf frische Eier aus der Bodenhaltung vom Bauernhof Antonius Schwaige. Die Preise sind dieselben wie beim Hof: 3,20 Euro für die Größe M bzw. 3,50 Euro für die Größe L, sowie Nudeln für leckere Pastagerichte.

Warum der Shop „Obst und Gemüse“ heißt, bleibt uns ein Rätsel. Weder das Eine noch das Andere findet sich hier. Ob die leere Maschine in der Mitte absichtlich oder zufällig ausgeschaltet ist, wissen wir ebenfalls nicht. Sicher ist, die Eier links im Automaten sind frisch vom Bauern.
Kein Alkohol sowie keine Zigaretten und Vapes bei Goethe 24/7
In der Goethestraße findet sich ein weiterer großer Player im Automatenbereich. Das Besondere: In keinem der 8 Automaten finden sich Alkohol, E-Zigaretten oder Tabak. Somit entfällt hier jegliche Altersprüfung. Möglich, dass in einem bereits neu aufgestellten, dennoch leeren Automaten, diese Artikel dort unterkommen, wir wissen es nicht. Dazu stehen ein Boxautomat sowie ein Popcorn-Maker bereit. Betreiber ist M&M Automaten mit Maschinen in Ingolstadt, Buxheim, Nassenfels und Eichstätt. Und ja, in diesen gibt es auch Dampf- und Rauchartikel.


Zum Sortiment: Ein Gerät widmet sich der Tiernahrung, zwei andere dem typischen Süßkram sowie Chips. In einem finden wir Drogerieartikel, in zwei weiteren Aufstellern Getränke. Und in den letzten beiden Automaten von allem Etwas. Als Alleinstellungsmerkmal kann hier sicherlich der Schwangerschaftstest für 7 Euro genannt werden, den wir so nirgends gefunden haben. Auch finden hier Frühstücksfreunde sowohl Kaba, als auch die passenden Frühstücksflocken in einer größeren Auswahl. Auffällig die vielen DM-Artikel wie „dm-Bio Nudel-Tassen“, „dm-Bio Snack Banane-Blaubeere“, „dm-Bio Krokant-Riegel“,“Isana Handgel“ und „Balea Lippenpflege“. Der Labello von dm kostet übrigens 2,- Euro, im DM 0,65 Euro.

Gönn Dir – Kothau
Auch in Kothau finden wir zwei Automaten: „Gönn Dir“ mit einem Affen als Eyecatcher und der alten Postleitzahl von Ingolstadt: 8070 auf dem Cap. Die Outdoor-Automaten locken mit „Sweets“, „Drinks“ und „Snack & more“. Alle Artikel sind auf 8 Grad gekühlt, mitsamt den Takis-Chips, Bifi Roll und M&Ms. Dass diese mit 1,40 Euro im Angebot sind, erfahren wir auf dem Auswahldisplay. Der zweite Automat ist komplett mit E-Zigaretten, Tabak und Liquids bestückt. Im Angebot: 2 Liquid-Pods für insg. 7,50 Euro.

Auf google haben User diese Shoppingstation in der Asamstr. mit 4,4 bewertet und meinen u.a.: „Bester Automat in der Stadt, der immer gut befüllt ist und noch dazu eine schöne Beleuchtung hat“, bzw: „das Personal hilft rund um die Uhr immer gerne bei der Bedienung“. Tatsächlich bitten auch andere Shop-Betreiber bei Problemen um sofortige Kontaktaufnahme rund um die Uhr. Sei es bei Vapes, die nicht funktionieren, Ware, die nicht korrekt in den Schacht fällt oder Scheine, die das Gerät schluckt.
Und schon wieder: Pfeifdireine
Keine 50 Meter von „Gönn Dir“ finden wir erneut Automaten, diesmal wieder von „Pfeifdireine“. Ja, diese Brand hat, bzw. hatte sich in Ingolstadt gut ausgebreitet. So wollen wir auch die auf der Homepage angegebenen Stores in der Münchener Str., Geisenfelder Str. und in der Goldknopfgasse 2 besuchen, doch alle drei existieren nicht mehr. Lediglich der Store in der Ettinger Str., der bereits vor zwei Jahren aufgemacht hat, ist aktiv. Vier Warenautomaten, ein Boxer, ein Greifautomat und ein Arcade-Spielautomaten stehen zur Belustigung bereit.

Neben einer Kaffeemaschine und den bekannten Snacks und Getränken fallen „exxtreme“ Power-Caps auf. Das sind blaue Pillen für den Mann bzw. Gelbe für die Frau. Sie versprechen besonderen Spaß. Ein paar Meter weiter finden wir „Kokanna“ für 45 Euro. Online heißt es: „Kanna-Alternative für entspannte Momente und mentale Klarheit – ganz ohne THC. Jetzt als Vape, Pulver oder Kapsel entdecken – 100 % pflanzlich, legal & alltagstauglich“. Online übrigens für 19,90 Euro“ Neu dazu gekommen ist bei Pfeifdireine ein Store in Vohburg und ein Automat bei EDEKA Braun. Berkan Yilmaz (CSO) und Yildiz Yilmaz (CEO) von Pfeifdireine und die anderen Betreiber werden sicherlich noch weitere Shops eröffnen oder Bestehende schließen.
Es ist ein Kommen und Gehen
Dass es nicht so einfach ist den Überblick zu behalten, bestätigt auch Sabine Gooss von der Pressestelle Ingolstadt: „Wir haben im Stadtgebiet aktuell 10 gemeldete Automatengeschäfte. Die Zahl könnte aber auch abweichen, da die Fluktuation in diesem Bereich hoch ist. Von den 10 Automatengeschäften befinden sich 7 in der Innenstadt. Genaue Adressen habe ich nicht, da die Betreiber nur ihre Geschäftsadressen bei uns anmelden“. Manchmal schließt eine Stelle, wie bei der Goldknopfgasse, wegen Sanierung oder aus sicherheitstechnischen Gründen. In der Manchinger Straße versperrte ein Automat die Sicht auf die Radfahrer und wurde deswegen entfernt. Nicht selten verspekulieren sich die Betreiber. Hohe Raummieten, nicht kalkulierte Leasingraten und ein teurer Einkauf können den Umsatz vermiesen, ebenso wie eine lange andauernde Baustelle, wie bis vor Kurzem in der Goethestraße.
Lohnt sich das Geschäft?
Spezielle Anbieter bieten Komplettpakete von 7000 bis 100.000 Euro bzw. nach Wunsch natürlich höher, schneller, besser. Ob sich so ein Business rechnet, hängt natürlich von der Lage ab, der anwesenden Kundschaft und letztendlich vom Angebot. Hier besteht noch Luft nach oben, wenn wir einen Blick nach Japan werfen.



Automaten – Traditioneller als gedacht!
Den ersten überlieferten Verkaufsautomaten konstruierte der Grieche Heron von Alexandria im 1. Jahrhundert. Nach Münzeinwurf einer Tetradrachme gab er das gleiche Volumen an Weihwasser ab. Die ersten Verkaufsautomaten mit dem Prinzip des Münzeinwurfs gab es in englischen Wirtshäusern bereits um 1615. Für den ersten zufriedenstellend funktionierenden Verkaufsautomaten erhielt 1867 Carl Ade in Berlin ein Patent, doch ist nicht sicher, ob er jemals in Betrieb ging.

Ein weiterer Bericht über Eierautomaten, Hofläden und frischen Imkerhonig zum Ziehen folgt in Kürze. Wenn dir der Bericht gefallen hat, teile ihn in den sozialen Medien. Haben wir Automatengeschäfte in der Region vergessen? Schreib an info@megazin.de.

Text & Fotos: Daniel Melegi
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