Was läuft bei den Deutschen Singlecharts falsch?

Früher, also lange vor dem Internet, hatte ich die Deutschen Single Charts im Abo. Im Grunde war das ein Poster mit den Top 100, welches wöchentlich in meinem Briefkasten landete. Tatsächlich habe ich mir die aktuellen Chartplatzierungen schon länger nicht mehr angesehen, dies jedoch gestern nachgeholt. Nimm dir zehn Sekunden und überlege wer die ersten Plätze belegen könnte.

Die Charts ermittelt die GfK Entertainment im Auftrag des Bundesverbandes Musikindustrie e. V. und gibt folgendes an: Sämtliche Verkäufe, die in einer Woche (Freitag bis Donnerstag) getätigt wurden, zählen für die Charts. Berücksichtigt wird der stationäre Handel, Online-Shops, Download-Portale und Streaming-Anbieter. Seit Dezember 2020 werden auch Radio-Plays wieder in die Single-Charts integriert.

Und, schon eine Idee? Bevor ich zur Auflösung komme, kurz ein Rückblick: Im Dezember 2014 auf Platz 1: Adele mit „Hello“, Platz 2 belegte Glasperlenspiel mit „Geiles Leben“ und Platz 3 ging an Matt Simons und „Catch & Release“. 2007 stand auf Platz 1 „Timbaland“ mit „Apologize“, auf Platz 2 „Tokio Hotel mit „An deiner Seite“, auf Platz 3 Alex C. mit „Du hast den schönsten Arsch der Welt“. Jetzt noch wahlweise 2001: Hier war „From Sarah With Love“ von Sarah Conner auf Position 1, gefolgt von „Because I Got High“ von Afroman und „Hero“ von Enrique Iglesias auf Position 3. Nur Jahre wahlweise von mir rausgesuchten Jahre.

So, hast du schon eine Idee zu den aktuellen Charts? Wir reden hier vom selben Zeitraum, also erste Dezemberwoche, nur eben 2025. Die Auflösung: Platz 1 belegt Mariah Carey mit „All I Want For Christmas Is You” aus dem Jahr 1994, auf Platz 2 hockt „Last Christmas“ von Wham aus dem Jahr 1984 und auf Platz 4 „Rockin´ Around The Christmas Tree“ von Brenda Lee aus dem Jahre 1958.

Auf den weiteren Positionen in den Top 10: Shakin Stevens, Michael Buble, Melanie Thornton, Chris Rea, Jose Feliciano, Dean Martin, Paul Mc Cartney mit Songs die 14 Jahre und noch viel älter sind.

Lediglich Taylor Swift mit „The Fate Of Ophelia”, „Golden“ von Huntr und „Where Is My Husband”, von der selbsternannten Drama-Queen Raye, beide aus dem Jahre 2025, finden sich unter den Top 20.

Der von den Jahren neueste Christmas-Song ist auf Platz 10: „Snowman“ von Sia aus dem Jahre 2017. Wobei Sia ihren Hit von damals aktuell kräftig mit Kohle auf youtube bewirbt, um überhaupt Views zu bekommen und so in den Charts zu landen.

Ein weiterer Blick in die aktuellen Top 100 Dezember 2025 offenbart: Codewörter wie „Christmas“, „Santa“ und „Snow“ sorgen für gut 50 Prozent der Charteinträge. Mein persönlicher Tracktitel wäre: „Santa, Let It Snow On Christmas“ und der Song findet sich automatisch in jeder Playlist.

Woran liegt es? Klar an den Algorithmen der digitalen Medien, an den zahlreichen thematischen Playlisten wie Christmas, Winter, Summer etc. auf Spotify & Co und natürlich uns. Wir sind zu gemütlich geworden uns auf Neues einzulassen. Oft wissen wir gar nicht, wer welchen Song singt und nehmen uns auch nicht die Zeit es zu erfahren. Wenn der Song nicht in den ersten Sekunden funktioniert, skippen wir weiter. Wobei „Song“ heutzutage schon übertrieben ist. Bei „Bella Ciao“ von Hugel oder „In My Mind“ wiederholt sich der erste Part nach gut etwas über einer Minute erneut. Kein Intro, kein Outro, nur dieser eine Hook. Und so bleiben wir nostalgisch an dem hängen, was wir kennen.

War das nicht die letzten Jahre auch schon so? Nein, weder 2022, 2023 noch 2024 war in den Top 10 vom 6.12.-12.12. kein einziger Weihnachtssong.  Wenn du jetzt genauso überrascht bist wie ich, schaue hier vorbei: www.offiziellecharts.de.

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