Blaulicht von Ingolstadt bis zur Allianz Arena und zurück bis zur Haustür

Stau auf der Hinfahrt zur Allianz Arena

Es ist 18:00 Uhr. Das Spiel „Niederlande vs. Rumänien“ startet gerade in der Allianz Arena bei München. Einige Mitarbeiter von United Security sind mit dabei und sorgen am Spielfeldrand dafür, dass die EM frei von Flitzern bleibt. Währenddessen kriege ich einen Anruf: „Daniel, kannst du unsere Leute nach dem Spiel abholen? Ich habe sie hingebracht und sie müssen irgendwie wieder zurück“. Klar, kein Thema. Auch wenn ein Spiel mit Pause und Verlängerung gut zwei Stunden dauert, ist das Team seit 13 Uhr vor Ort um einzuchecken, Dienstanweisungen entgegen zu nehmen und sich zu positionieren. Nach dem Spiel müssen diese checken, dass alle Fans das Stadion verlassen, sich umziehen, wieder auschecken, etc. Ich starte meine Fahrt um 19:45 Uhr und lande hinter Pfaffenhofen im ersten Stau auf der heutigen Fahrt. Fahrbahnverengung bis auf eine Spur. Die Polizei kontrolliert die Stelle und regelt bei Bedarf den Verkehr. Das kostet mich 15 Minuten, ist aber noch im Rahmen.

Seltsame Wegführung bei der Allianz Arena

Kurz vor 21:00 Uhr freue ich mich, in der Zeit zu sein und zum ersten Mal so nah an die Arena zu kommen. Seit 2005 ist sie 100%ige Tochter der FC Bayern München AG, bietet 75.024 Fans Platz, zusammengesetzt aus 54.843 Sitzplätzen und 18.294 Stehplätzen, aber für mich bis dato kein Point-Of-Interest. Warum auch, bin kein Fußballfan. Doch in meinem Kopf hielt sich immer die Überzeugung wacker, dass hier alles schnell und zackig geht. Sowohl die Hinfahrt, das Parken und das Verlassen des Geländes. Doch, ich werde überrascht. Polizei an jeder Ecke, Straßen sind mit Hütchen gesperrt, Halten zum Abholen des Security-Teams absolut unmöglich. Das Navi macht zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn, denn das provisorische Leitsystem vor Ort kennt gerade nur einen Weg: alle Besucher so schnell wie möglich aus Fröttmaning zu leiten. Ich bin gefühlt der Einzige, der zum Stadion will bzw. muss. Was definitiv nicht klappt. Die Polizei winkt mich zurück auf die Autobahn.

Raus aus Fröttmaning und wieder zurück

Aus dem Radio erfahre ich, dass knapp über 65.000 Besucher das Spiel live vor Ort verfolgt haben. Also 10.000 weniger, als generell vor Ort maximal die Spiele besuchen. Ich verstehe einfach nicht, warum diese zahlreichen Provisorien und das immense Polizeiaufkommen zum Regeln des Verkehrs sein müssen. Meine Zeit zum Nachdenken ist begrenzt, Vasili, einer der Securities, schickt mir seinen Standort bei der Arena. Ich schlage das Lenkrad ein, erneut unter viel Blaulichtaufgebot um mich herum, und fahre zum zweiten Mal Richtung Fröttmaning.

Wenn die Polizei dich doch kurz halten lässt

Mittlerweile haben wir 21:45 Uhr, einige Absperrungen sind bereits abgebaut, andere noch da. Ob ich mich auf einer gerade freigegeben Fahrbahn befinde oder nicht, weiß ich nicht. Ich konzentriere mich auf den Standort im Navi, versuche diesen Minibus schadenfrei durch die Straßen zu chauffieren und blicke plötzlich in die freudigen Augen von Lucy, ebenfalls eine Security-Mitarbeiterin von United. Halten ist hier nicht möglich, da Busse und andere PKWs immer noch abfahren und dicht gedrängt an meinem Spoiler kleben. So springen die vier Mitarbeiter unter laufender Fahrt durch die offene Schiebetür des schwarzen Vans auf ihre Plätze. Sie sind erleichtert, endlich sitzen zu dürfen.

Stau auf der Rückfahrt

Irgendwie hatte ich mir die Orga bei der Allianz-Arena anders vorgestellt. Vor allem, da diese seit knapp 20 Jahren Erfahrungen sammelt. Oder gesammelt haben sollte. Die Stimmen ausländischer Medien schießen mir durch den Kopf: „Forget everything you thought you knew about German efficiency“, etc. Plötzlich wieder Stau. Die Fahrbahn verengt sich auch auf der Rückfahrt erneut von vier bzw. drei Spuren auf nur eine. 15 Minuten vergeude ich hier, bis ich endlich in Ingolstadt ankomme. Ich freue mich, das schlafende Team zur Saturn Arena zu bringen, damit sie von dort ab nach Hause können.

Abgefackeltes Auto

Von der Manchinger Straße bis zur Saturn-Arena ist es nicht weit. Direkt an der Kreuzung „Südliche Ringstraße“ plötzlich erneut Blaulicht. BRK, Feuerwehr und Polizei haben die Zufahrt zur Arena gesperrt. Ich erblicke ein noch leicht brennendes Auto auf der Fahrbahn. Schwersteinsatz und das nur wenige Meter vor dem Ziel. Also, Schadensstelle umfahren und weiter 15 Minuten durch die Peripherie gurken, bis die Fahrt endlich ein Ende findet.

Geschafft? Fast!

Ich wecke das Team, gebe den Van bei United Security ab, schwinge mich in mein Auto und los geht es nach Hause. Ich freue mich, nach gut drei Stunden, alles für das Festival am kommenden Wochenende vorzubereiten. Diesmal „Electric Love“ in Salzburg mit 50.000 Besuchern. Also, annähernd so viele wie bei der Allianz Arena, oder bei Nature One, bzw. Rock im Park oder woanders, wo ich so viele Staus oder gesperrte Fahrbahnen noch nie in den letzten 20 Jahren erlebt habe. Und das, obwohl diese Festivals nur Provisorien sind, die Allianz-Arena aber extra für diese Zahl an Gästen gebaut wurde. Inklusive der Infrastruktur.

Gleich bin ich zu Hause

Ich wohne direkt am Münster in Ingolstadt und fahre am ZOB vorbei. Einmal links, dann rechts und schon… blinkt es wieder Blau. Eine weitere Straßensperre verbietet mir die Fahrt nach links in die Harderstraße. Ich vermute den Grund: Kein Autocorso durch die Innenstadt. Trotzdem schlage ich mein Lenkrad in diese Richtung ein und fahre in Schritttempo dem Polizisten entgegen. Mit heruntergekurbeltem Fenster schaue ich ihn an… „Hallo Daniel, alles klar, gute Fahrt nach Hause“. Mit so einem Happy End hatte ich nicht gerechnet.

Meine Ankunft

Dass die EM in Deutschland stattfindet, ist eine tolle Sache, keine Frage. Ein so immenser verkehrsrelevanter Einsatz von Polizei an einem etablierten Ort wie der Allianz Arena hat mich mehr als überrascht und warum Autobahnen zu diesem Zeitpunkt auf eine Spur reduziert werden müssen, bleibt mir ein Rätsel. Brennende Autos auf der Ringstraße sind wahrlich selten und wie es – trotz Corsoverbot – doch noch einige Prolls schaffen, die Innenstadtbewohner auch nach Mitternacht mit Gehupe aus dem Bett hüpfen zu lassen, bleibt mir ein weiteres Rätsel. Ich bin mir aber sicher, dass ich das nächste Mal die Security-Kollegen lieber zum Spiel hinfahre, als sie von diesen abzuholen. Auf ein grandioses EM-Finale.

Daniel Melegi

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