Vor Kurzem berichtete der Donaukurier über die Insolvenz der Ingolstädter Beratungsfirma Achtzig20eco. Darunter ein Kommentar von Michael Thomas: „Was das für eine Firma?“. Diese Frage stellte ich mir 2021 auch, bevor ich zu einem Termin in deren hippen Büro im Oldtimer Hotel eingeladen war. Es ging um eine Partnerschaft für Winterbeats.
Stellwände mit viel Grün, Tische mit Bio-Food & Drinks für die Mitarbeiter und Besucher und alles irgendwie bisserl Ami-Like, wie man es aus Berichten über google, apple, Facebook & Co kennt. Alle sind freundlich, entweder sehr beschäftigt oder gechillt, und natürlich per Du. Was mir absolut entgegenkommt. Auf die Frage, was ihr Kerngeschäft ist, kriege ich keine richtige Antwort. Sie ist genauso nichtssagend oder umfangreich, wie deren Homepage.
Auf der Suche nach einer Antwort
Auf achtzig20.de heißt es gleich auf der Startseite „Hallo Du!“. Gefolgt von der Frage: “ SAG MAL, WAS MACHEN DIE EIGENTLICH?“. Der Link ist nicht anklickbar, dafür der Button drunter „Zur Homepage“. Dieser leitet mich zu „Grid3“. Und dort wiederum spricht mich die Seite auf Englisch an. Ich kann sie auf Deutsch umstellen doch dann zerschmeißt es das Layout. Sie ergibt weder im Deutschen, noch im Englischen einen Sinn, es ist mehr ein Denglisch mit Bugs. Um überhaupt weiter zu kommen, muss ich Mitglied werden. Ich bin verwirrt und gehe zurück zur eigentlichen Page.
Es gibt Links zum „Dalwigk“, zu einer „Hannover 96-App“, zu „Marketing & Design“ und zu „Software-Entwicklung“. Dann endlich ein vielversprechender Link: „That´s what we do!“. Leider auch nicht weiterführend, dafür steht da „Für unsere Projekte brauchen wir jede Menge Kompetenzen“. Der Button „Join The Team“ verrät: „Wir leben nach einem permanent Beta-Mindset, das uns anpassungsfähig, flexibel und agil macht.“ Es folgen Standorte in Deutschland, Österreich, Slowenien und der Schweiz sowie Partner wie 1860, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und ratiopharm Ulm. Ich bin weiterhin verwirrt.
Vielleicht hilft mir das Menü weiter. Hier erfahre ich, dass sie eine Full-Service Eventagentur sind, Workshops sowie Workshop-Kistl anbieten, Caterings organisieren und eine eigene Weinmarke besitzen. Ich bin noch mehr verwirrt.
Präsenz auf vielen Portalen
Die Page bietet Links zu deren Spotify-Account mit irgendwelchen Playlists und insgesamt 71 Followern, auf Instagram gibt es kurze Reels über „KI“, „Work Space“ und wieder „Membership“ und auf youtube 122 Videos mit Videos über allerlei Themen. Dabei sind über 110 im dreistelligen Aufrufen. Also weniger als auf meinem Loser-Account megazinIngolstadt auf youtube. Ok, versuchen wir es auf LinkedIn. Hier gibt es Posts über den Deutschen Innovationsgipfel, die Blockchain und Grüße an den St. Pauli.
Ich bin nicht mehr verwirrt, ich bin eine Stufe drüber, um herauszufinden, worum es bei der Unternehmensberatungsfirma mit 200-300 Angestellten geht, die gerade mit einer Insolvenz beschäftigt ist.
Warum interessiert es mich überhaupt? Nachdem aus der Partnerschaft 2021 nichts wurde, hörte ich immer nur, an was die Agentur alles arbeitet. Dann kam die Planung fürs Dalwigk und Freunde von mir standen als Arbeitnehmer der Agentur in den Startlöchern. Vor wenigen Wochen stand sogar ein Mitarbeiter in meiner angemieteten Halbgarage und meinte: „Die zweite Hälften haben wir gemietet. Ab sofort gibt es Häppchen und Sekt bis 16 Uhr in der Gastro nebenan, da sich Dalwigk gerade verzögert“. Sekt am Vormittag, über die Mittagszeit bis 16 Uhr? Ich war damals schon verwirrt und nun will ich endlich wissen, wer hinter der Agentur steckt.
Wer macht was?
Dafür gibt es die Page „Northdata“, die die Eigentumsverhältnisse aufzeigt. Und hier stoße ich auf Florian Holste als „Manager Director“ bzw. „No longer Managing Director“ von der „Achtzig20 GmbH“, der „8020 Holding GmbH“, der „Five Horses Venture GmbH“, der „8020 Ventures GmbH“, der „Soziale Innovation durch Akademische Bildung e.V., der „Seed: Your Accelerator AG“, usw.
Bin ich nun schlauer? Noch nicht! Google offenbart mir aber auch einen Link zu „Kununu“, einer Plattform, wo Mitarbeiter Firmen bewerten. U.a. auch die „Achtzig20 GmbH“. Mit einer Weiterempfehlungsrate von 33% ist da noch ein bisschen Luft nach oben. Dazu 3,4 Sterne von 5. Auffällig: zwischen den teilweise wirklich schlechten Bewertungen, schummeln extrem gute und besonders ausführliche Kritiken die Note nach oben auf die besagten 3,4 Sterne. Bereinigt dürfte das Ergebnis anders aussehen und über die Meinungen will ich mich hier gar nicht äußern.
Fazit:
Bin ich noch verwirrt? Nein, ganz im Gegenteil, ich habe die Kernkompetenz der Agentur nun verstanden: Florian Holste hat sich zum Ziel gesetzt, der Kreativität freien Lauf zu lassen und einen allumfassenden Kraken erschaffen. Hier arbeiten – wie beim Oktopus – neun Gehirne am Wohl des Kunden mit all den Herausforderungen der Vergangenheit und der Neuzeit. Hier findet „Catering mit KI“ statt, trinkt man Sekt oder einen Wein der Hausmarke um 15 Uhr, arbeitet im „Workspace“ bis 3 Uhr morgens und bucht Postings bei Influencern für einen Ticketverkauf des St. Pauli. Nebenbei programmieren Mitarbeiter Software, teilen Beiträge in den sozialen Netzwerken oder bieten – laut Homepage – Fachwissen zu so allgemeinen Themen wie „SCRUM-Master“, „Agile Coaching“, „Value Chain Analysis“ oder „ASPICE“. So viel Kreativität kann funktionieren. Eine Garantie dafür gibt es jedoch nicht. Dennoch wünsche ich viel Erfolg mit dem Restaurant im Dalwigk und den laufenden Projekten, die im Rahmen der Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung hoffentlich zum positiven Abschluss kommen.
Text & Foto: Daniel Melegi